Die fristlose Kündigung einer Berliner Altenpflegerin wegen Anzeige von Missständen im Unternehmen ihres Arbeitgebers verstößt gegen die Meinungsfreiheit. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat damit einer Berliner Altenpflegerin in einem entscheidenden Urteil Recht gegeben.
Im konkreten Fall hatte die Arbeitnehmerin Anzeige gegen ihren Arbeitgeber erstattet, nachdem sie diesen mehrfach erfolgslos auf die Misstände in dem Pflegeheim hingewisen hatte. Das Unternehmen habe zu wenig Personal und sei deshalb nicht in der Lage, die alten Menschen in dem Pflegeheim angemessen zu versorgen. Daraufhin war der Altenpflegerin fristlos gekündigt worden.
Die deutschen Arbeitsgerichte erklärten die Kündigung in zwei Instanzen für rechtmäßig, da die Arbeitnehmerin “ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber verletzt habe”.
Die Arbeitnehmerin wandte sich schließlich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser gab der Mitarbeiterin Recht. Die Arbeitnehmerin sei durch die fristlose Kündigung in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit verletzt worden.
Deutschland habe mit der Akzeptanz der Kündigung gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und damit gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, so der Gerichtshof. Die Straßburger Richter stätrken damit sogenannten “Whistleblower”- Arbeitnehmern den Rücken, die auf Missstände in Unternehmen oder Institutionen öffentlich aufmerksam machen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
EGMR, Urteil vom 21.07.2011
Aktenzeichen: 28274/08