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Freistellung nach Kündigung – verliere ich meinen Urlaubsabgeltungsanspruch?

Von Rechtsanwältin Anja Gotsche |
11. Feb 2015
Arbeitsrecht
Freistellung
Kündigung
unwiderruflich
Urlaub
Urlaubsabgeltung
widerruflich

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich unter Wahrung der Kündigungsfrist und erklärt er im Kündigungsschreiben, dass der Arbeitnehmer für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird, wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub nicht erfüllt, wenn die außerordentliche Kündigung unwirksam ist. Nach § 1 BUrlG setzt die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch die Zahlung der Vergütung voraus. Deshalb gewährt ein Arbeitgeber durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.Oktober 1987 beschäftigt. Mit Schreiben vom 19.Mai 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung und hilfsweise fristgemäß zum 31.Dezember 2011. Im Kündigungsschreiben heißt es: „Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“ Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sie die wechselseitigen Ansprüche regelten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, mit der der Kläger die Abgeltung von 15,5 Urlaubstagen verlangt. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Zwar hat die Beklagte mit der Freistellungserklärung im Kündigungsschreiben den Anspruch des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub mangels einer vorbehaltlosen Zusage von Urlaubsentgelt nicht erfüllt. Die Klage war jedoch abzuweisen, weil die Parteien in dem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich ihre Ansprüche abschließend regelten.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10.Februar 2015 -9AZR 455/13-

Vorinstanz:

Landesarbeitsgericht Hamm Urteil vom 14.März 2013 -16Sa 763/12-

PM des Bundesarbeitsgerichts

Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nehmen wir zum Anlass auf folgende Grundsätze hinzuweisen:

Bei der Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen verliert der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch; es wird so getan, als hätte er Urlaub genommen.Erfolgt keine Anrechnung, behält der Arbeitnehmer seinen vollen Urlaubsanspruch und erwirbt auch in der Freistellungsphase weitere Urlaubsansprüche.

Bei der widerruflichen Freistellung ist die Anrechnung in der Regel unzulässig, da der Sinn des Erholungsurlaubes vereitelt würde, denn der Arbeitnehmer muss ja jederzeit befürchten, wieder arbeiten gehen zu müssen.

Bei der unwiderruflichen Freistellung entfällt dieses Argument, so dass sie unter Anrechnung des Urlaubsanspruches erklärt werden kann.

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